Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung behält Populationen im Verborgenen im Auge
Auf Rattenbekämpfung spezialisiertes Unternehmen legt derzeit nichttoxische Köder in Schmutzwasserkanälen aus
15.05.2024
Derzeit blinkt die gelbe Lichtzeichenanlage eines Fahrzeugs der Firma Nehlsen in Hann. Mündens Straßen. Das Unternehmen stammt aus der Nähe von Wilhelmshaven und ist u.a. auf die Bekämpfung von Ratten spezialisiert. Es übernimmt im Auftrag des Eigenbetriebs Stadtentwässerung Hann. Münden das Auslegen von nichtgiftigen Ködern. Nach 14 Tagen werden diese kontrolliert. Weisen sie Bissspuren auf, werden zugelassene Gift-Köder nachgelegt, jedoch so, dass sie nicht mit dem Abwasser in Berührung kommen – das ist gesetzlich vorgeschrieben. Diese sollen eine Überpopulation der Tiere verhindern.
„Hann. Münden verfügt über ein etwa 270 Kilometer langes Abwassersystem, das unter den Straßen verläuft. In der Kernstadt und den Ortsteilen gibt es insgesamt 6.700 Revisionsschächte, von denen aus dieses System kontrolliert wird. Etwa zwei Drittel dieser Schächte führen zu Schmutzwasserkanälen. In etwa 1.200 dieser Schächte werden nun die Köder ausgehängt. Wir wählen sie nach unserer Erfahrung, die wir in den vergangenen Jahren sammeln konnten. Im Schmutzwasser befinden sich u.a. Essensreste, von denen sich die Allesfresser ernähren. Obwohl es nicht erlaubt ist, werden Essensreste beispielsweise in der Toilette entsorgt und landen dann in den Schmutzwasserkanälen. Ein gefundenes Fressen für die Ratten was zur Folge hat, dass sich dort Populationen vermehren können. Wie andere Kommunen, gehen auch wir dagegen vor“, erklärt Joachim Spiegler, Leiter des städtischen Eigenbetriebs. Die Köder werden ausschließlich ausgehangen, denn in den Schacht zu steigen wäre zu gefährlich. In den Kanälen könnten sich unter Umständen giftige Gase gebildet haben und müssten vor dem Betreten „freigemessen“ werden, also sicher sein. Der Kostenaufwand würde sich dadurch erhöhen, weil eine zweite Person zur Absicherung hinzugezogen werden müsste.
Etwa eine Woche lang ist Mathias Schröder, Mitarbeiter der Firma Nehlsen, in Hann. Münden unterwegs, um die nichttoxischen Köder, man spricht hier auch von einer Blindauslegung, zu verteilen. Die Arbeitsschritte sind immer gleich: Die Stelle rund um einen Revisionsschacht wird abgesichert, der eiserne Gullideckel zur Seite gewuchtet und der Köder in den Schacht gehängt. Nicht überall stößt er dabei auf Verständnis, denn oft muss er die Schächte auf vielbefahrenen Straßen öffnen und Verkehrsteilnehmer müssen warten. „Manches Mal äußern sie ihren Unmut. Doch wenn sie durch Nachfrage erfahren worum es geht, dann entspannt sich schlagartig die Situation“, berichtet Mathias Schröder aus seinem Arbeitsalltag. Mehrere hundert Gullideckel zerrt der junge Mann zur Seite, weshalb die Arbeit auch körperlich anstrengend ist: „Abends weiß man, was man den ganzen Tag gemacht hat“, sagt Mathias Schröder und lächelt.
Ein Rattenproblem hat Hann. Münden keinesfalls: „Das wäre als Tourismusstadt auch schlimm. Bei der Blindauslegung handelt es sich um eine reine Präventionsmaßnahme. In den vergangenen Jahren waren die Populationen nicht besorgniserregend. Trotzdem muss man sie regelmäßig im Auge behalten, weshalb diese Maßnahme einmal im Jahr durchgeführt wird, so Joachim Spiegler weiter. Das Aushängen der toxischen Köder erfolgt alle 14 Tage. Entweder bis kein Verbiss mehr festzustellen ist oder das Prozedere maximal viermal wiederholt wurde“, informiert Joachim Spiegler.
Und weiter: Pro Jahr würden der Stadt Hann. Münden durch diese Maßnahme Kosten in Höhe von rund 25.000 Euro entstehen: „Die Blindauslegung und zum Teil die Nachlegungen mit toxischen Ködern übernimmt eine zertifizierte Fremdfirma. Wenige Nachlegungen können schließlich auch Mitarbeiter des Eigenbetriebs Stadtentwässerung übernehmen, was aber Personalaufwand bedeutet, der wiederum Mehrkosten verursacht.“
Autor/in: M. Simon / Pressestelle Stadt Hann. Münden