Beschlussvorschlag:
Der Rat beschließt die Satzung der Stadt Hann. Münden über die Erhebung einer Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Übernachtungssteuer) in der als Anlage 1 beigefügten Fassung mit einem Steuersatz nach § 4 Absatz 1 der Satzung in Höhe von 3,5 vom Hundert.
Sachverhalt, ggf. mit gesetzlichen Grundlagen:
Nachfolgend soll dargestellt werden, wie die Finanzierung des Aufwandes für den Tourismus nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) als Alternative zum Tourismusbeitrag erfolgen kann.
1. Tourismusbeiträge (TB) nach § 9 NKAG:
In seiner Sitzung vom 15.12.2011 hatte der Rat der Stadt Hann. Münden einen Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Tourismusbeitrages (damals noch „Fremdenverkehrsbeitrag“) gefasst. Am 15.12.2012 hatte anschließend der Rat auf Änderungsanträge der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen diesen Grundsatzbeschluss wieder aufgehoben. Ein erneuter Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Tourismusbeitrages wurde vom Rat am 15.02.2016 gefasst. Nachdem die am 20.06.2017 beschlossene Tourismusbeitragssatzung wegen eines methodischen Rechenfehlers durch das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18.06.2020 für unwirksam erklärt wurde, hatte die Verwaltung eine Neufassung der Satzung vorbereitet. Diese Neufassung wurde vom Rat in seiner Sitzung am 10.12.2020 abgelehnt und am 17.06.2021 bzw. 23.06.2021 von den Tagesordnungen der Sitzungen des Finanzausschusses bzw. des Verwaltungsausschusses abgesetzt.
2. Gästebeiträge nach § 10 NKAG:
Gemeinden, die u. a. als Erholungsort anerkannt sind, können Gästebeiträge erheben zur Deckung Ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung…, Betrieb und Verwaltung ihrer Tourismuseinrichtungen, für die zu Zwecken des Tourismus durchgeführten Veranstaltungen sowie für die den Beitragspflichtigen eingeräumte Möglichkeit, Verkehrsleistungen im öff. Personennahverkehr kostenlos in Anspruch zu nehmen.
Beitragspflichtig sind alle Personen, die im Erhebungsgebiet Unterkunft nehmen, ohne dort eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung zu haben, und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Einrichtungen oder zur Teilnahme an den zu Zwecken des Tourismus durchgeführten Veranstaltungen oder zur kostenlosen Nutzung des öff. Personennahverkehrs geboten wird.
Der Gästebeitrag wird von den Unterkunftsgebern (in Hann. Münden ca. 70) erhoben.
Eine jährliche Kalkulation ist zwingend erforderlich. Dabei sind jeweils die Nutzungsanteile von Bürgern und Touristen sehr aufwendig dokumentarisch zu erfassen – ggf. über die Zählung von Besucherströmen. Die Beiträge sind zweckgebunden. Gästebeiträge dürfen für berufsbedingte Aufenthalte nicht erhoben werden (§ 10 Abs. 2 Satz 4 NKAG).
3. Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben - Übernachtungssteuer (auch „Bettensteuer“ genannt) - nach § 3 NKAG:
Die Übernachtungssteuer ist eine Aufwandsteuer. Gegenstand der Steuer ist der Aufwand des Übernachtungsgastes für eine vorübergehende entgeltliche Übernachtungsmöglichkeit bei einem Übernachtungsgeber (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Motels, Campingplatz – nicht jedoch in Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke). Besteuert wird nur der Übernachtungspreis incl. MWSt. ohne Frühstück oder Parkplatzgebühren.
Steuerschuldner ist der Übernachtungsgeber (in Hann. Münden ca. 70). Eine Kalkulation ist nicht erforderlich. Die Erträge aus der Übernachtungssteuer sind nicht zweckgebunden, sondern dienen grundsätzlich als allgemeine Deckungsmittel der Deckung des Gesamthaushalts. Beruflich veranlasste Übernachtungen können nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2022 Gegenstand der Steuer sein.
Grundsätzlich darf eine Übernachtungssteuer nicht erhoben werden, wenn ein Tourismusbeitrag oder ein Gästebeitrag erhoben wird. Die Kommunalaufsichtsbehörde kann in begründeten Ausnahmefällen eine Ausnahme von diesem Verbot zulassen. Voraussetzungen dafür (Runderlass des MI vom 02.10.2017): weit unterdurchschnittliche Steuerkraft (mindestens 5% unter dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe), maßgeblicher Fehlbetrag im Ergebnishaushalt und Ausschöpfung aller übrigen Steuerquellen.
Wegen der hohen Steuereinnahmekraft der Stadt Hann. Münden scheint eine Ausnahmegenehmigung für die Stadt ausgeschlossen.
Als Alternative zum Tourismusbeitrag wird die Einführung einer Übernachtungssteuer vorgeschlagen. Dabei sollen auch die beruflich bedingten Übernachtungen der Steuer unterworfen werden. Die Satzung ist als Anlage beigefügt.
Erläuterungen zur Satzung: Mit den Beschlüssen vom 22.03.2022 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass sowohl private als auch beruflich bedingte Übernachtungen Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer sein können. Dabei ist es zulässig, die Übernachtungssteuer als indirekte Steuer (§ 1 des Satzungsmusters) beim Beherbergungsunternehmen zu erheben (Steuerschuldner in § 5).
Steuergegenstand kann nur der Aufwand sein, den der Übernachtungsgast für seine Übernachtung tätigt (§ 3 Absatz 1 Satz 1). Dabei sind Aufwendungen für Verpflegung oder Parkplatzgebühren nicht steuerpflichtig (§ 3 Absatz Satz 2).
Örtliche Aufwandsteuern zielen auf die in der Vermögens- und Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab. Daher ist ein Steuersatz (§ 4) mit einer prozentualen Kopplung an den Übernachtungspreis von der Rechtsprechung als zulässig anerkannt.
Für die Ermittlung des voraussichtlich zu erzielenden Steuerertrages spielen damit 3 Komponenten eine Rolle:
Da ein sog. „Dauerwohnen“ nicht besteuert werden darf, wird in § 4 Absatz 2 die Besteuerung auf 14 zusammenhängende Übernachtungen begrenzt.
Die §§ 6 ff. regeln die technische Ausgestaltung der Besteuerung mit Erhebungszeitraum, Entstehung der Steuerschuld sowie den Anzeige-, Erklärungs-, Nachweis- und Mitwirkungspflichten. Dabei hat jede Betreiberin/jeder Betreiber eines Beherbergungsbetriebes quartalsweise eine Steuererklärung mit den Übernachtungszahlen und –entgelten abzugeben. Nach Prüfung dieser Erklärung wird die Steuer per Bescheid festgesetzt. Auf Anforderung durch die Stadt sind die aufzubewahrenden Nachweise und Quittungen im Einzelfall vorzulegen.
Finanzielle Auswirkungen, einschließlich Folgekosten: zu Produkt 6111 (Steuern, allg. Zuweisungen)
Bei wieder zu erwartenden ansteigenden Übernachtungszahlen auf Vor-Corona-Niveau werden bei einem angenommenen durchschnittlichen Übernachtungspreis und einem Steuersatz von 3,5% Steuererträge in Höhe von jährlich ca. 315.000 € erwartet.
Klimatische Auswirkungen:
Durch die Umsetzung des Vorhabens sind keine positiven oder negativen Auswirkungen auf die klimatische Situation bekannt oder zu erwarten, weshalb eine Umsetzung als klimaneutral bewertet werden kann.
Anlagen:
Übernachtungssteuersatzung Beispielhafte Steuererträge Übernachtungszahlen lt. Landesamt für Statistik Niedersachsen
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